4. Kritisches und kreatives Denken

Kinder sollen lernen, die Ideen anderer nicht unreflektiert zu übernehmen, sondern diese kritisch zu bewerten. Statt sich immer mit anderen zu vergleichen und so zu bewerten, sollen eigene Ideen als kreativ wahrgenommen werden. Kritisches Denken ist nämlich zugleich kreatives Denken, das zu einem gesteigerten Selbstbewusstsein und damit zu einem starken Selbstwertgefühl führt. Es versetzt Kinder in die Lage, sich gegenüber negativen Beeinflussungen aus der Gruppe zu behaupten („Neinsagen“).

Wer von sich und seinen Fähigkeiten überzeugt ist, läuft kaum Gefahr, der Anerkennung wegen mithalten zu müssen oder das zu machen, wozu ihn andere zwingen wollen.

Lernziele:
Die Kinder sollen
•  ein distanziertes Verhalten gegenüber Versuchen der Beeinflussung entwickeln,
•  erkennen, dass man derartige Versuche hinterfragen muss,
•  eigene Vorstellungen und Ziele entwickeln,
•  lernen, ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen ernst zu nehmen,
•  die Kompetenz üben, „NEIN“ zu sagen, und
•  erfahren, wie wichtig die Unterscheidung zwischen der äußeren Erscheinung und den inneren Werten eines Freundes / einer Freundin ist.

 

„Das NEIN“

Material: keines

Methodische Hinweise: Zur Einstimmung auf das Thema üben die Kinder das „NEIN“ sagen. Die Erzieherin stellt lustige Fragen, wie z. B.: „Wollt ihr gerne ein Schnitzel mit Honig essen?“, „Wollt ihr im Winter im See schwimmen?“, Gebt ihr Salz in euren Tee?“, „Putzt ihr die Zähne mit Schuhpaste?“, „Wascht ihr eure Haare mit Geschirrspülmittel?“ usw. Natürlich rufen alle laut im Chor: „NEIN!“

 

„Was möchtest du tun?“

Material: keines

Methodische Hinweise: Die Kinder bilden einen Kreis. Ein Kind, das sich freiwillig meldet, geht von einem zum anderen und fragt z. B.: „Möchtest du ein Lied singen?“, „Willst du tanzen?“ usw. Bekommt es ein „NEIN“ zur Antwort, geht es zum nächsten Kind und stellt eine andere Frage. Sagt ein Kind „JA“, dann kommt dieses in die Mitte und führt das Gefragte vor. Es darf dann als nächstes den anderen die Fragen stellen.

 

„Alle rufen NEIN!“

Material: „Taffy & Nono“-Spiel-Tuch

Methodische Hinweise: Die Kinder sitzen im Kreis und halten das Tuch fest. Nun beschreibt die Erzieherin verschiedene Situationen, in denen die Kinder mit NEIN-Rufen reagieren: „Dein Bruder zieht dich an den Ohren“, „Dein Freund zwickt dich in den Po“, „Deine Freunde wollen, dass du von einem hohen Turm springst“. Dabei schwingen die Kinder das Tuch hoch – als Symbol dafür, wie groß ein NEIN sein kann – und rufen laut „NEIN“.

 

„Katz- und Mausspiel“

Material: keines

Methodische Hinweise: Die im Kreis sitzenden Kinder stellen die Mäuse dar. In der Mitte steht ein Kind und spielt die Katze. Sie will eine Maus fangen und fragt verschiedene Kinder: „Bist du eine Maus?“ Sagt ein Kind darauf ernst und überzeugend: „Nein, ich bin keine Maus, lass’ mich in Ruhe“, dann geht die Katze zu einem anderen Kind. Bemerkt sie jedoch, dass die Maus unsicher ist, so ruft sie: „Raus bist du!“ Und dann muss die Maus um ihr Leben laufen (eine Runde außer-halb des Kreises). Fängt die Katze sie nicht, so rettet sie sich wieder auf ihren Platz. Wird sie von der Katze gefangen, dann tauschen sie die Rollen und das Spiel beginnt von vorne.

 

„Aller guten Dinge sind drei“

Material: Bild-Karten (Nr. 1 – 4) und Mini-Klammern

Methodische Hinweise: Die Kinder sitzen im Kreis, die Erzieherin zeigt ihnen der Reihe nach die Karten und erklärt ihnen, dass von den jeweils vier Motiven drei „gut“ sind. Gemeinsam wird nun überlegt, was mit dem Begriff „gut“ gemeint sein könnte. So sind z. B. auf der ersten Karte Situationen abgebildet, in denen es um Gemütlichkeit geht. Das Ehepaar genießt ein romantisches Essen bei Kerzenschein, Taffy und Nono schmökern gemeinsam in einem Buch und sie spielen gemeinsam mit ihrem Vater „Mensch ärgere dich nicht“. Das vierte Motiv fällt hingegen aus der Reihe, da dort gemütliches Zusammensein mit dem Konsum von Alkohol verbunden ist. Damit soll den Kindern vermittelt werden, dass Alkohol – obwohl häufig gesellschaftlich anerkannt und propagiert – nicht zur Gemütlichkeit dazugehört, sondern dass diese anders erlebt werden kann und soll.

Die Kinder sollen sich für die richtigen („guten“) Motive entscheiden und mit den Klammern kennzeichnen. Zur Kontrolle befindet sich bei jedem richtigen Motiv auf der Rückseite der Karte eine Blüte. Die Abbildungen auf den drei anderen Karten widmen sich dem guten Umgang miteinander sowie den Themen gesunde Getränke und sinnvolle Freizeitgestaltung.

 

„Was ich einmal sein möchte“

Material: keines

Methodische Hinweise: Standfestigkeit, kritisches und kreatives Denken beinhaltet auch die Fähigkeit, sich Ziele zu setzen. Es gibt nur wenige Menschen, die sich ihre Ziele für das Leben aufschreiben. Erfahrungen belegen aber, dass besonders solche, die dies machen, sehr erfolgreich sind. Sich Ziele setzen bedeutet, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Manche aber scheinen das gar nicht zu wollen. Deren Motto lautet offenbar: Ich habe es ja viel einfacher, wenn ich nur das tue, was andere mir sagen; außerdem vermeide ich auf diese Weise, über mich selbst nachdenken zu müssen.

Die Kinder sitzen im Kreis und erzählen, was sie einmal werden möchten. Sobald ein Kind seinen Wunsch geäußert hat, überlegen alle gemeinsam, welche Eigenschaften man dafür braucht, welche Schule man eventuell besuchen muss, wo man den Beruf ausüben kann und wie man sich dann das Leben als Erwachsener vorstellt.

 

„Stopp“

Material: keines

Methodische Hinweise: Die Erzieherin teilt die Kinder in Paare auf und positioniert die Partner jeweils an den gegenüberliegenden Seiten des Turnsaales. Auf ein Zeichen der Erzieherin läuft jeweils ein Partner auf den anderen, den abwartenden, zu. Sobald bzw. bevor dieser ihm zu nahe kommt, hält er den auf ihn Zukommenden mit „STOPP“ an. Dieser muss die Vorwärtsbewegung sofort unterbrechen und auf der Stelle stehen bleiben. Nach mehreren Versuchen ist Rollen-, aber auch Partnertausch.

Nach Abschluss des Spieles sollen die Kinder über ihre Gefühle sprechen können. Hattet ihr Angst, als euer Partner auf euch zugelaufen kam? Habt ihr unterschiedlich reagiert? War es einfach, das „STOPP“ des Partners zu respektieren?

 

„Was fehlt denn da?“

Material: Leere „Mit mir nicht!“-Kinderschutz-Box und „Taffy & Nono“-Spiel-Tuch

Methodische Hinweise: Die Kinder sitzen im Kreis um die leere „Mit mir nicht!“-Box herum, in die die Erzieherin zehn verschiedene Spielsachen legt. Die Kinder müssen sich diese gut einprägen, dann wird die Box mit dem Tuch zugedeckt.

Während sich die Kinder kurz umdrehen, entfernt die Erzieherin einen Gegenstand aus der Box. Die Kinder einigen sich darauf, welcher Gegenstand fehlt. Nach drei Spielrunden legt die Erzieherin andere Spielsachen in die Box.

 

„NEIN ist nicht gleich NEIN!“

Material: keines

Methodische Hinweise: Kinder haben das Recht, in Situationen, die ihnen unangenehm sind, NEIN zu sagen. Das heißt nicht, dass Kinder zum Ungehorsam erzogen werden sollen, sondern dass sie lernen, selbstbewusst ihre Persönlichkeit zu vertreten und Grenzen zu setzen. Dies gilt besonders bei Berührungen, die einem Kind unangenehm sind. Viele Erwachsene können sich mit Sicherheit an die merkwürdige Situation erinnern, im Kindesalter von Verwandten geküsst oder aufgefordert worden zu sein, diese zu küssen. Insgeheim wünschte man sich, diesen „Liebkosungen“ aus dem Weg gehen zu können, doch war man als Kind zu schwach, NEIN zu sagen, noch dazu wenn man von den Eltern gedrängt wurde, „man solle sich nicht so anstellen“.

Kinder, die gelernt haben, angenehme und unangenehme Formen körperlicher und emotionaler Kontakte zu unterscheiden, vertrauen ihrer Gefühlswahrnehmung. Sie sind in der Lage, Kontakte, die ihnen gefallen, bewusst anzunehmen, und Kontakte, die ihnen nicht gefallen, zurückzuweisen. Wenn die Ermutigung zum NEIN sagen zwar zur Prävention von sexuellem Missbrauch beiträgt, so muss man den Kindern jedoch auch klar machen, dass ein NEIN nicht unbedingt in jeder Situation nützt: Entweder weil der andere größer oder stärker ist oder weil er einem Angst macht. Niemals jedoch darf das Kind das Gefühl bekommen, es sei selbst daran schuld, wenn es sich nicht wehren konnte.

Die Kinder sollen lernen, ihre eigene Meinung zu vertreten, zum NEIN sagen ermutigt werden, erfahren, dass sie Kontakte, die ihnen unangenehm sind, zurückweisen können und lernen, Berührungen nicht aus Höflichkeit oder Mitleid zu akzeptieren, sondern nur, wenn sie ihnen angenehm sind.

Die Erzieherin erklärt den Kindern, dass sie in bestimmten Situationen das Recht haben, NEIN zu sagen. Es soll ihnen aber auch klar werden, dass sie nicht immer NEIN sagen können, wenn es ihnen gerade passt. Wichtig ist herauszuarbeiten, in welchen Situationen ein NEIN berechtigt ist.

Beispiele: „Deine Mutter möchte mit dir die Straße überqueren, auf der viele, schnelle Autos fahren. Sie bittet dich, ihr die Hand zu geben, aber du sagst NEIN.“

„Du hast im Wohnzimmer mit Legosteinen gespielt, doch plötzlich fällt dir ein, dass du lieber mit Freunden nach draußen gehen möchtest. Deine Mutter bittet dich, vorher die Spielsachen wegzuräumen, da sie Besuch erwartet, aber du sagst NEIN.“

„Immer, wenn deine Tante auf Besuch kommt, streicht sie dir mit der Hand über den Kopf und sagt, dass du die Haare zu weit im Gesicht trägst. Du aber entgegnest ihr, dass du das gar nicht gerne hast.“

„Dein Freund / deine Freundin glaubt besonders lustig zu sein, und gibt dir einen Klaps auf den Po. Du verlangst, dass das nie mehr wieder passieren darf.“

 

„Wer darf was?“

Material: „Wer darf was“-Raster

Methodische Hinweise: Die Erzieherin erörtert mit den Kindern anhand des „Wer darf was“-Rasters, wer ein Kind überhaupt bzw. in welcher Weise berühren darf.

In diesem Spiel kommen Mama und Papa, der Arzt, Freunde, Oma und Opa, Tante und Onkel, der Friseur und die Geschwister vor. Diskutiert werden die Berüh-rungen: Hand schütteln, umarmen, grob sein, kitzeln, baden, hochheben und kämmen.

Je nachdem, wie die Kinder entscheiden, wird auf dem Raster mit einem wasserlöslichen Stift markiert, wer ein Kind wie berühren darf. Natürlich gibt es unterschiedliche Sichtweisen und daher viele Antwortmöglichkeiten. Gerade dieser Umstand macht das Spiel so spannend und kommunikativ. Es gibt daher auch keine richtigen und falschen Vorgaben – außer: Die Spalte „grob sein“ muss natürlich immer leer bleiben, denn niemand hat das Recht, jemandem weh zu tun.